Würdest du mir glauben, das ich geweint habe?
Würdest du mir glauben, das ich für mich gesungen habe?
Würdest du mir glauben, das Dankbarkeit und Angst davor das der Weg irgendwann ein Ende haben wird, mich nicht schlafen ließen?
Nein? Dann freu dich auf meinen Kungsleden Süd Erfahrungsbericht.
Inhaltsverzeichnis
die Entscheidung für den Weg
Allein für das Fragen dieser Fragen hätte ich ich mich vor meiner Reise mindestens sehr schief angeschaut.
Gedanken daran habe ich ehrlich gesagt gar nicht erst verschwendet.
Nach dem Bohusleden, dem Höga Kustenleden und dem steten Kampf mit meinen Gedanken und Entscheidungen, war ich stets nur damit beschäftigt ob ich den Kungsleden Süd denn überhaupt wandern möchte.
Es würde kalt werden. Nass und windig. Wahrscheinlich in Teilen auch schmerzhaft und einfach nur anstrengend.
Kann ich alles in meinem Tagebuch nachlesen.
Jeder Tag spricht dort davon ob ich es tun soll und wie anstrengend auf jeder Ebene es vielleicht werden kann. Und das mir sicher kalt sein wird. Wenns ganz mies läuft auch noch zusammen mit nass.
Ich leide richtig wenn mir kalt ist und ich nassgeregnet bin. Hunger ist kein Ding. Kalt geht überhaupt nicht.
Selten nur spielte das gute Gefühl, welches aus bestandenem Abenteuer entsteht, eine Rolle.
Oder der Gedanken daran, diesen Weg nun endlich zu laufen. Nachdem er schon so lange Zeit Platz in meinen Gedanken hatte.
Dieser Weg, der so einfach und so schwer zugleich daherkommt.
Der im Naturreservat Rogen alles abverlangt. In den ewigen Sümpfen mit aller Macht die Energie aus den Beinen saugt und hinterhältig Mücken schickt um auch den Geist niederzuringen.
Das weite Fjäll. Die Stille in die sich selbst der Wind nicht vorwagt. Die Einsamkeit die immer da ist und doch jederzeit möglich ist zu brechen.
Das alles war nur selten wahrnehmbar.
Viel zu oft waren nur die lauten Gedanken, welche alle Energie kosten und ins nichts führen, zu hören.
Und all das obwohl ich ja nicht mal auf dem Weg nach Alaska war. Nur knapp über der Mitte von Schweden war mein Ziel zu finden.
Das es schneite, ich über meine vom Verkäufer in Deutschland belächelten Handschuhe froh war und ich das Eis auf dem See für Trinkwasser aufbrechen musste, sei hier nur am Rande erwähnt.
Wie so oft war meine Angst vor dem Leiden größer, als das tatsächliche Leid. Wo doch am Ende und über die Zeit ohnehin nur noch das Schöne in der Erinnerung zu finden sein wird.
Anreise
Der Nachtzug brachte mich von Stockholm mit einem Umstieg nach Storlien. So dass ich schick um 09:00 Uhr morgens meine Wanderung beginnen konnte.
Doch noch kurz zu meiner nächtlichen Reise…
Ich habe mir leider vorher ausgemalt was in keinem Fall passieren darf. Damit es einigermaßen erträglich wird, die Fahrt durch die Nacht.
Hätte ich mal lassen sollen. Wegen diesem Gesetz von Visualisierung, Imagination und Anziehung und so.
Es kam nämlich genau so. Einfach nur um mich zu ärgern und damit ich wieder einen Grund zum Leiden hatte.
Auf ein Schlafabteil hatte ich verzichtet.
Nun saß ich auf einem voll besetzten Vierer.
Beine austrecken war nicht möglich und jedes Mal kurz vor dem Einschlafen verbrannte ich mich an der voll aufgedrehten, nicht regulierbaren, Heizung. Hatte ich mich so weit wie möglich von der Heizung entfernt, schlief mein Bein ein. Oder der Gegenüber lebte seinen Traum mit Fußtritten aus…
So litt ich vor mich hin bis um 06:00 Uhr, nach sieben Stunden, 98% der Fahrgäste die Eisenbahn in Östersund verließen.
fünf Jungs – vier Rucksäcke
Und noch eine Anekdote zu meiner Anreise.
In Storlien traf ich fünf Jungs die den Kungsleden bis nach Grövelsjön wandern wollten. Für die ca. 180 Kilometer hatten sie zwei Wochen eingeplant.
Ich habe für mich und den gesamten Weg von ca. 380 Kilometern gerade mal 16 Tage. Und schon hatte ich wieder einen schönen Grund zum grübeln…
Das war aber gar nicht die Anekdote.
Naja, so lustig ist die gar nicht. Dem einen der Jungs wurde auf jeden Fall sein Rucksack geklaut. Noch in Deutschland einfach während der Bahnfahrt. Das finde ich echt einen Hammer. Das reist man als Backpacker mit überschaubarem Budget und Material mit der Bahn und irgendein, nennen wir ihn hier mal politisch korrekt Blödarsch, klaut das Ding. Da fehlen mir echt die Worte.
In Stockholm haben sie dann noch das nötigste nachgekauft. Also einen Rucksack, Schlafsack usw. Ein guter Start ist was anderes. Gut drauf waren die Jungs trotzdem.
Ich war immer der Ansicht, einen Rucksack kann man irgendwo in die Ecke werfen, dafür interessiert sich niemand. Ich lade mein Gepäck niemals mehr außer Sichtweite ab.
Was mich auf den ersten Kilometern erwartete war natürlich kaltes Wetter. Nebel, Regen und Sumpf.
Sumpf
Ja Sumpf, direkt hinter dem STF Storlien. Per Wegweiser geht’s da rein. Keine Ahnung ob ich da was falsch verstanden habe. Doch wenn der Wegweiser für Sommer und Winterweg in die gleiche Richtung zeigt, muss es doch da lang gehen…
Endlich auf dem Weg ins Fjäll wurde der Nebel dichter und von der Landschaft ahnte ich nur ihr Aussehen.
Ich hatte einfach jetzt schon keine Lust mehr. Die klassischen Merkmale eines ersten Wandertages. Ich dachte das habe ich hinter mir. Immerhin lagen die letzten hunderte von Kilometern kaum ein paar Tage zurück.
Direkt an der ersten Fjällstation Blåhamaren wollte ich mein Tagesziel verwerfen und einfach nur dort bleiben. Nachdem ich meine Jacke und Hose, ich hatte noch nicht auf Regenkleidung gewechselt, im Trockenraum im Expressverfahren getrocknet hatte, sah die Welt schon wieder anders aus. Nämlich viel angenehmer.
Also wieder an die Wanderschuhe und weiter.
Notiz an mich
Notiz an mich: Am ersten Tag alle Pläne ohne Notfall verändern ist unter allen Umständen zu vermeiden!
Erschöpfte schwedische Wanderer in Sneakers kamen mir entgegen. Völlig nass und mit leerem Blick. Oft mit der Frage an mich wie weit es noch bis Blåhamaren wäre. Wie schön das ich Auskunft geben konnte… Als nicht-Schwede.
Ich fand langsam gefallen an diesem Wetter. Ist es mit der richtigen Kleidung und der Aussicht in Tagesentfernung alles trocknen zu können doch gar nicht so schlimm. Und das Wetter wird sich auch wieder ändern. Tut es immer irgendwann.
Noch nicht am nächsten Tag. Doch immerhin mit Regenbogen am frühen Morgen.
Durch Wind und Nebel weiter im Fjäll. Alles etwas rau und karg hier oben. Echter, klarer, einfacher anzunehmen. Ich habe mich ins Fjäll verliebt. Und das obwohl ich es noch nicht einmal im Sonnenschein gesehen habe.
Fehler Rucksack wiegen
An der Fjällstation Sylarna wurde dann auch einfach mal leichtsinnigerweise mein Rucksack gewogen.
Obwohl ich einiges an unnützem Kram aus meiner Erfahrung vom Bohusleden aussortiert habe, war er immer noch viel zu schwer. Doch sollte ich mich auch daran gewöhnen…
In der Helags Fjällstation habe ich mir dann einfach ein Bett in einem Viererzimmer genommen. Mein Ego fing schon wieder an zu nerven und sprach von Zelten, Pläne nicht verändern, hart sein und so. Habe ich nicht zugehört. Für hart sein war noch genug Zeit. Es war schön drinnen zu sitzen in warmer Sicherheit bei Schokolade und Tee, während draußen bereits der Wind vom Wetterumschwung erzählen konnte.
Übersicht Rast- und Schutzhütten
Eine Übersicht der Rast- und Schutzhütten auf dem Kungsleden Süd findest du hier: KLICK
Reisebericht Teil 2
Für Teil 2 meines Reiseberichts Kungsleden Süd einfach hier weiterlesen: KLICK
Video 1000 Kilometer Schweden
Kritik Wanderführer Fernwege.de
Kritik Wanderführer Kungsleden Süd
Wegverlauf Karte
Storlien bis Grövelsjön
Grövelsjön bis Sälen
Anna says
Hallo Alex,
Ich weiß gar nicht mehr wie ich hier auf deiner Seite gelandet bin, ich glaube über einen link auf Falkos Facebookseite oder so.. Ich wollte nur geschwind sagen, dass ich deine Berichte sehr schön geschrieben finde.. Das macht Lust aufs Wandern in Schweden!
Herzliche Grüße,
Anna W. 🙂
alexander Laufliebhaber says
Hallo Anna,
wie auch immer du hier gelandet bist, es freut mich 🙂
Genauso wie das es dir Spaß macht, meine Berichte zu lesen.
Danke dir.
Viele liebe Grüße,
alex