Diese wunderbare Gappohytta.
Der selbe Ort, der nächste Tag. Magisch weiterhin, doch nun eingehüllt in in einen dunklen Morgen. Harter Wind trieb schwarze, grüne und grau gefärbte Wolken vor sich her. Ich zögere, habe keine Ahnung wie ich das Wetter lesen soll.
Der Nordkalottleden führt nun durch die Berge. Ich möchte nicht in ein Unwetter geraten.
Eine Stunde überlege ich hin und her. Dann traue ich mich loszugehen.
Ich dachte, die letzten Tage hätte der Wind stark geweht. Oh nein, erst heute ist er in Hochform. Ich stemme mich ihm entgegen und fühle mich wie von einem Gummiband gehalten. Stunde um Stunde. Blockfelder über Kilometer. Steinpisten bis zum Horizont. Jeder Tritt muss sitzen.
Über Probleme und Sorgen nachdenken, Ideen spinnen?
Niemals.
Der ganze Fokus liegt auf jedem einzelnen Schritt.
der Sturm
Viele Tage später erfahre ich, das dieser Wind auch durch den Sarek wehte. Dort Hilleberg Zelte einknicken ließ und so manchen Wanderer zur Umkehr zwang.
So ging ich und ging immer weiter. Die Konzentration half dabei nicht darüber nachzudenken, wie anstrengend es war. Auch die Gewissheit am Ende der Etappe an einer Hütte anzukommen ließ mich meine Kräfte behalten.
Die Schönheit der Welt um mich herum vergaß ich dennoch nicht.
Zwischenspiel II
Wie du bereits ahnnen kannst, dieser Bericht über den Nordkalottleden handelt nicht von Weggabelungen, Ausrüstung, Hütten, Anreise und Abreise. Ich schreibe über meine Gedanken und wie sie sich über die Zeit verändern. Festgefahrenes Denken und Gewohnheiten sich auflösen und Annehmen von dem was ist die schwierigste und wunderbarste Aufgabe eines jeden Tages ist.
Die Natur, all ihre Facetten und Nuancen in wilder Schönheit – sie hat natürlich die Hauptrolle inne.
Ein tägliches Tagebuch über jede einzelne Etappe mit ihren Herausforderungen und Erlebnissen, eine Detailübersicht zu Weg, Anreise, Verpflegung, Ausrüstung und Unterkunft findest du in separaten Artikeln in den nächsten Wochen auf Laufliebhaber.
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Artikel: Verpflegung Nordkalottleden | Tipps, Infos und Adressen
Ach ja, falls du Nordkalottleden TEIL I noch nicht kennst, am besten dort beginnen zu lesen.
Seen die zu einem Meer aus schäumenden Wellen wurden.
Steinwüsten, die in ihrem kalten, schlichten und rauen Dasein die Hochebenen bewohnten. Es war denen sowas von egal ob ich ging oder fiel. Gind oder stand. Weinte oder lachte.
So viel Gelassenheit fand ich da oben. Dort wo es am schwierigsten war zu gehen und einen sicheren Tritt zu finden. Dort wo Schönheit ein anderes Ideal besitzt als da unten, wo diese Menschen wohnen und sich auf engstem Raum mit Konsum die Sinne zerschlagen. Da unten wo auch ich herkomme.
Die Wanderer
Im Abstieg von der Höhe kam mir ein norwegischer Fischer entgegen. Er wollte irgendwo oben sein Zelt aufstellen. Ich frage mich wo und wie bitte bei diesem Wind… Unausgesprochen nehme ich diese Frage mit.
Kurz vor der Daertahytta, es ist bereits 16:00 Uhr, passiere ich noch zwei Wanderer mit Hund. Wo kommen bitte diese vielen Menschen auf einmal her? Hier ist doch nichts ausser Geröll, Wind und Kalt. Und den Nordkalottleden laufen die sicher nicht.
Nach 38 Kilometern erreiche ich die Hütte. Berauschend, dieses Gefühl in Sicherheit zu sein.
Nur sicher vor was…?
Keine 15 Minuten später brach das Wetter los. Unangekündigt und aus dem nichts. Regen dicht und dick bei stetig hartem Wind. Ich dachte an die Wanderer die ich traf. Die sich jetzt noch über Stunden über die Blockfelder zu kämpfen hatten. Würde der Fischer es schaffen sein Zelt aufzustellen?
Das Tal der ewigen Nässe
Am nächsten Morgen erwartete mich eine trübe und mit Wolken verhangene Welt.
Über die weiten Ebenen, zwischen den Bergen hindurch, erreiche ich das Tal der ewigen Nässe. Mehr als nass ist ja bekanntlich schwierig möglich.
Ich finde jedoch, es geht noch mehr.
Die Nässe schlich sich unter die Haut. In die Gedanken und in jede Faser des Körpers. Das war wirklich herausfordernd. Und oft konnte ich die guten Gedanken nicht festhalten. Alles war einfach nur unangenehm. Ich fühlte mich klebrig, nass, überhitzt und im Kopf ausgebrannt. Die Aussicht, mich in dieser vollständig durchdringenden Nässe Abends ins Zelt zu legen erledigte sein übriges.
Er ließ mich zweifeln. Bescherte Anflüge von Verzweiflungsunmut.
Doch eine Hoffnung war noch an Bord. Es gab eine Statskog Jagdhütte. Etwas abseits vom Weg.
Vielleicht war sie offen und nicht belegt. Doch würde ich sie finden?
Nach meiner Berechnung hätte ich sie schon längst erreichen müssen.
Bin ich vorbeigelaufen?
Ist sie abgerissen worden?
Habe ich mich vertan?
Nasse Zweige streifen über Gesicht und Hals. Nasse Sträucher lassen ihre Feuchtigkeit über meinen Rucksack meinen Rücken hinunterlaufen. Meine Füße versuchen schon gar nicht mehr dem Matsch und Wasser auszuweichen. Und sie kommt einfach nicht. Diese Hütte die mir diesen Abend ein trockenen Schlafplatz leifern sollte.
Da ist was. Plötzlich sehe ich zwischen den Bäumen einen kleinen vom Hauptweg abzweigenden Pfad.
Wirklich?
Nein, verdammt. Sie ist verschlossen. Ist das etwa die andere auf der Karte markierte und verschlossene Privathütte?
Dann habe ich noch eine Chance. Sie wird genutzt und ich belohnt.
Am Flußufer taucht sie auf. Auf einem Trampelpfad abgehend vom Nordkalottleden.
Eine kleine verwunschene Hütte. Ich balle die Faust und freue mich als hätte ich ein Wettrennen gewonnen.
Die Hütte
(nein, kein Wochenende mit Gott…)
Ich weiß, das diese Hysterie nur im Kopf stattfindet. Alles wird im Kopf entschieden und daher ist es an sich auch kein Problem, tagelang nass durch die Welt zu wandern. Abends nass ins Zelt zu steigen und morgens wieder heraus in den noch immer nassen Sachen.
Alles schon erlebt. Alles schon hinbekommen.
Dieses Mal habe ich mich jedoch der Gedankenspirale hingegeben und wurde glücklicherweise mit der Hütte erlöst.
Viel zu heiß feuerte in den Ofen an. Viel zu schlecht schlief ich deswegen. Tür auf und Luft reinlassen?
Ach was, Mücken…
Dann lieber warm.
Und doch, wie schön war das Ende dieses Tages. Wie einfach der Start in den nächsten nassen Morgen.
Am späten Vormittag verließ ich das ewig nasse Tal, rauschte im Eiltempo durch den Wintersportort Innset wieder hinauf ins Fjäll. Mittlerweile in Begleitung von Sonne und unter Schönwetterwolken eröffnete sich vor mir das Auenland. Saftig, Grün und so ewig weit. Flüße und Bäche, kreuz und quer, verspielt fangen sie einandern ein und teilen sich wieder.
Werfen sich glitzernde Wasserkristale in den Strahlen der Sonne zu. Entfernt leuchtet weiß der Schnee auf den Gipfeln der Berge.
Gelbe und Lila Blütenblumen recken ihre Köpfe zwischen den Steinen hervor. Vielleicht riecht es sogar nach Honig und Schmetterlingen.
Ja, für mich tut es das ganz bestimmt.
Ich möchte niemals wieder fort.
Ich fotografiere unentwegt.
Höre wieder auf um es wirklich erleben zu können. Damit es eine Nordkalottleden-Erinnerung werden kann die keine Fotos verlangt.
Doch irgendwann endet auch das Auenland und ich steige steil von Norwegen hinunter nach Schweden.
Ohne es zu ahnen wartet in der Ferne bereits Mordor auf mich…
ENDE NORDKALOTTLEDEN TEIL II
WEITER ZU NORDKALOTTLEDEN TEIL III
[…] Dieser 800 km lange Wanderweg, geht durch die drei Länder Finnland, Schweden und Norwegen. Teil 2 und Teil 3 zu seinem Abenteuer, wo er seine Gedanken und Erlebnisse und auch ganz viele tolle Fotos […]