Obwohl ich die für mich bis dahin härteste Etappe hinter mir hatte, schlief ich so gut wie schon lange nicht mehr.
Ich schlief ohnehin in Schweden ziemlich gut jede Nacht. Trotz hartem Boden, unbekannter Umgebung und fast durchgehender Helligkeit. Diese Nacht war wunderbar. Wie gerne würde ich das jetzt, da ich wieder daheim bin, erneut erleben.
Mal wieder durch Nebel und Nieselregen (ok, das Bild zeigt bessere Zeiten. Sieht halt einfach schöner aus…) brachte mich der Weg Richtung Grövelsjön. Die größte STF Fjällstation.
Nach der langen stillen und einsamen Natur fühlte sich der Ort fast an wie eine Autobahnraststätte.
So viele Menschen waren hier.
Mit alle ihrer Energie, Bewegung und Unruhe.
Du kennst Teil 1 meines Fahrtenberichts noch nicht? Dann am besten hier weiterlesen: KLICK
Inhaltsverzeichnis
Trotzdem nahm ich mir ein Bett, was im schwedischen Preis/Leistung Verhältnis zum ersten mal eine Frechheit war, um mich zu sortieren. Die Karte zu studieren und die Etappen bis zum Ende durchzugehen.
Im Nachhinein war es das nicht wert. Doch in diesem Moment war es meine Lösung.
fiese Mücken
Ab Grövelsjön sollte der am wenigsten begangene Abschnitt des Kungsleden Süd anbrechen.
Komischerweise traf ich hier die meisten Wanderer.
Bevor ich sie jedoch alle traf, verbrachte ich noch die härteste Nacht in einem Windschutz am Skärvagan.
Ja, noch härter als meine Anreise auf dem Vierer an der nicht regulierbaren Heizung in der SJ Eisenbahn.
Wovon ich spreche? Kannst du in Teil 1 nachlesen.
Mit einer handvoll Mücken komme ich zurecht, dachte ich. Hatte ich doch schon vorher in kalten Nächten im freien geschlafen und mir mein Mückennetz einfach über den Kopf gezogen.
Doch nicht nur eine handvoll, sondern eine Armee der Finsternis aus Mücken, Gnitzen und anderen fiesen Fliegen machte sich ab Dämmerung auf, um mich zu essen.
Mit Softshelljacke, Handschuhen, Schuhen und dem Schlafsack als Decke lag ich nun in meinem Windschutz.
Jede Schwachstelle meiner „Rüstung“ wurde genutzt. Sie krabbelten in den Schlafsack. Am Hals in das Mückennetz. An den Handgelenken zwischen Jacke und Handschuh in den Ärmel.
Am Ende der Socken fanden sie einen Weg in die Hosenbeine. Manche machten sich nichtmal diese Mühe und stachen einfach durch alles hindurch.
Viel zu warm war das natürlich um zu schlafen. Denn die Nacht wollte einfach nicht kalt werden.
Mein Zelt auf der Schotterfläche vor dem Windschutz aufstellen kam nicht in Frage. Im Wald war aufgrund von Steinen und Wurzlen keine Chance.
Ich hätte einfach den mückendichten und luftigen Innenteil meines Zeltes im Windschutz aufspannen können. Bin ich nicht drauf gekommen. Überhaupt frage ich mich was ich mir dabei dachte.
Ich kann dir versichern, die Nacht ging nicht vorbei…
Wären meine Vorräte nicht am Ende. Ich wäre einfach in der Nacht weitergelaufen.
Einkaufen im Grenzbau – festlich
Denn mit dem Grenzbau in Flötningen erreichte ich am nächten Tag den einzigen Lebensmittelladen auf den 380 Kilometern, neben den Fjällstationen, der ohne Umwege zu erreichen ist. Leider eine Stunde vor Öffnung. Warten in Kälte, Regen und Nebel war die Folge.
Ich brauchte halt was zu essen.
Die Verkäuferin war eine deutsche Auswanderin. In anderen Blogs hatte ich schon davon gelesen das es so sein soll. Das sie noch da war, freute mich sehr.
Ich versuchte wirklich nur das Nötigste zu kaufen.
Doch ich dachte mir halt, so viele Tage sind das nicht mehr. Und Abends mal Speck und Zwieblen zu haben oder etwas mehr als nur Haferflocken wäre doch eine top Angelegenheit.
Als die Verkäuferin mir dann noch 24 abgelaufene Hot Dog Würstchen schenkte, kam ich sicher auf 8 Kilo Lebensmittel Zuladung.
Warum auch nicht, laufe ich halt mit knapp 30 Kilo durch den Wald… Das der Rucksack am Ende der Reise leichter ist als zu Beginn? Ach Quatsch…
Für diesen Tag waren es schönerweise nur noch 20 Kilometer.
Mit seinem Ende in der Rasthütte Röskåsen. Ein toller Ort.
Ofen einheizen. Tee trinken. Im Eisbach waschen. Alles trocknen. Nichts mehr hören.
Nur den Regen der draußen fällt und Wind der in den Bäumen weht.
durch die ewige Nässe
Im Regen, durch Sumpf, über Wiesen und Wege welche mittlerweile entschieden hatten ein Bach zu sein, zog ich am nächsten Morgen weiter.
In der nächten Rasthütte traf ich dann Hendrik und Hardo.
Erst auf Englisch sprechend fanden wir schnell heraus, das wir alle das selbe Land als Heimat hatten.
Wir sahen uns von diesem Tag immer spätestens Abends in einer der Hütten.
Besonders spannend war für mich wie die beiden ihrerseits die Reise planten.
wie andere Wanderer so planen…
Hardo hatte z.B. für die komplette Zeit von geplanten 3 Wochen, seine Verpflegung dabei. Abgewogen in Beuteln.
Bestehend aus Haferflocken, Nährstofftabletten und je Tag eine Trekkingmahlzeit im Beutel zum aufbrühen. Für hier und da noch ein Energieriegel.
Henrik hingegen hatte einen Kocher dabei der sich nicht bewährte und nutzlos wurde. Mit Knäckebrot, Snacksalami und Unmengen an Schokoriegeln (der Rezeption eines B&B abgekauft) bestritt er so die 380 Kilometer.
Was beide gemeinsam hatten war, sie reisten ohne Wanderkarten an. In der Hoffnung sie in Schweden günstiger kaufen zu können.
Zum einen waren die Karten dann nicht günster, zum anderen gab es nicht mehr alle Teilstücke die gebraucht wurden.
Also einfach mal nur nach Wegmarkierung laufen. Wird schon…
Eine völlig andere Planung als die, welche ich bevorzuge.
Ohne Karte anreisen? Niemals.
Nicht wissen ob der Kocher für die Reise sinnvoll ist? Gotteswillen…
Ich schaue mir im Vorfeld doch sogar die Höhenlinien auf der Karte an und markiere den gesamten Weg. Davon das ich mein Essen auf dem geplanten Kocher ausprobiere um zu prüfen wieviel Spiritus verbraucht wird, ganz zu schweigen.
Hat in meiner Küche Wind geweht welcher dazu führt das ich doppelt so viel Brennstoff benötige?
Nein.
Hab ich das berücksichtigt?
Auch nein.
Bin ich trotzdem satt geworden und habe überlebt?
Klar.
der Weg endet
Trotz dieser Unterschiede, wir alle sind den Weg bis zum Ende gegangen.
Haben unsere Erfahrungen gemacht, Spaß gehabt und haben schwere Momente überstanden.
Es geht immer weiter. Nicht immer leicht. Manchmal unfassbar nicht leicht.
Doch am Ende wird es meist einfach nur lehrreich und wunderbar sein.
Jungs, wenn ihr das lest und ich etwas falsch dargestellt habe, korrigiert mich gerne 🙂
Oft denke ich darüber nach, wann ich mich am wohlsten gefühlt habe.
Mit der Hoffnung diese Momente reproduzieren zu können.
Leider habe ich dafür kein Rezept entdeckt, das sich standartmäßig wiederholen lässt.
Oft war es der Fall, wenn ich Erwartungen und Leistung losgelassen und stattdessen zugelassen habe. Ohne zu wissen wie das geht.
Oder wenn ich entdeckt habe was es für mich bedeutet zu spielen.
ein wunderbarer Ort & ein Kochvideo
Im Fulufjället fand ich z.B. meine Lieblingsschutzhütte. Ohne das ich davon im Vorfeld etwas ahnte.
Mit Blick auf den See zu kochen werde ich niemals vergessen.
Mitten im Fjäll ein unprofessionelles Kochvideo zu drehen. Ansich unvorstellbar für mich.
Ich habs einfach mal gemacht.
Mit den Wolken spielen. Eine Stunde habe ich auf dem Berg verbracht.
Bin ich langsamer voran gekommen und hab erst spät mein Tagesziel erreicht?
Sicher.
War er dennoch gut?
Oh ja, es war einer der besten.
das letzte Aufbäumen
Auf den letzten Kilometer zeigte mir der Kungsleden nochmal was er so drauf hat.
Sturm und horizontaler Regen vom feinsten. Ich hatte sogar ein bisschen Spaß dabei. Obwohl nur die Regenhose hielt was sie versprach.
Wähnte ich mich doch bald in Trockenheit.
Ich hatte nämlich die Idee im Hotel am Ende meines Weges zu fragen, ob ich mich dort umziehen darf um dann 2h auf den Bus zu warten.
Kann ja keiner ahnen das die Rezeption am Sonntag geschlossen und man als Nicht-Gast somit keinen Zutritt hat.
Hab ich mich halt vor dem Hotel um und alles was ich noch trocken im Rucksack hatte, angezogen.
Der ICA hatte geöffnet und so habe ich dann ruhigen Gewissenes 750 Schoko-Blaubeer-Knuspermüsli mit Joghurt gegessen bis der Bus vorfur um mich in 3h bis nach Borlänge zu bringen.
Ein weiteres Teilstück meiner Schwedenauszeit war nun an ihrem Ende angekommen. Ich konnte bereits fühlen, , das ich mit dem schnellen Wechsel von Natur zu Stadt nicht zurechtkommen würde. Borlänge als Ort wie er eben ist zeigte mir dies deutlich.
Maximal nur noch zum umsteigen um wieder von dort fortzukommen werde ich wieder dorthin kommen.
Stockholm half mir zum Glück, das die Schlucht meiner Rückkehr nicht allzu tief oder besser gesagt, gepolstert ausfiel.
Ich kann an dieser Stelle nicht schreiben das mein Projekt Schweden Abenteuer vorbei ist.
Denn ist nicht vorbei.
Noch lange nicht.
Weitere Artikel und Wissenwertes zum Kungsleden Süd findet ihr hier:
Übersicht Hütten
Übersicht Schutz,- und Rasthütten, Fjällstationen
Video 1000 Kilometer Schweden
Reisebericht Teil 1
Reisebericht Teil 2
Kritik Wanderführer Fernwege.de
Kritik Wanderführer Kungsleden Süd
Wegverlauf und Karte
Storlien bis Grövelsjön
Grövelsjön bis Sälen
Niclas Schröder says
Danke für den wertvollen Artikel! Lesenswert Blog.
Laufliebhaber says
Danke Niclas, das freut mich!