ein Start ohne Startschuss
29. März 2014, ich darf die Zeitumstellung nicht vergessen. Zwei Handys und ein echter Wecker sollten den Weckruf um 06:15 sicherstellen. Ich bin seit langem mal wieder wirklich vor einem Lauf aufgeregt. Das alles hat ein bisschen was von Prüfungsangst.
Ich habe für mich entschieden, dass ich meine bisherige Bestzeit zu verbessern habe. Dabei gibt es eine Mindestanforderung die erfüllt werden muss und das „bisschen mehr“, das bestenfalls möglich wäre, aber nicht das eigentliche Ziel darstellt.
Beim einschlafen muss ich mich konzentrieren das Ticken des Weckers nicht zu hören. Ich bin sie nicht mehr gewohnt, diese alten Gerätschaften…
Ich werde vor allen Weckern wach. Hellwach und voll ausgeruht.
Mein Weg zum Start am Alexanderplatz ist eine kleine Weltreise. Aber so ist das mit den Entfernungen in einer Großstadt.
Da ich die Gegebenheiten vor Ort nicht kenne und Hektik vor dem Lauf überhaupt nicht leiden kann, mache im mich zwanzig nach Sieben auf den Weg. Ich habe bisher noch nichts gegessen. Nicht nur das ich grundsätzlich nicht Frühstücke und daher so früh niemals Hunger habe, war die Energieaufnahme die Vortage durchaus üppig.
Um 08.30 Uhr kann ich mich dann doch zu zwei Reiswaffeln hinreißen lassen. Auf dem Weg vom Alex zum Startbereich folgte dann noch die klassische Banane.
Es ist ein perfekter Morgen. Sonnig, blauer Himmel und kühl bei 5 Grad.
Aus allen Richtungen strömten die Läufer, fast Sternförmig, dem Startbereich entgegen.
Wie schon das Abholen der Startunterlagen, welches einer Hochsicherheitsmaßnahme glich, war auch hier alles wie eine kleine Festung abgesichert. Zutritt nur für Läufer und mit Bändchen, welches ich am Vortag mit Ausweis, Anmeldebestätigung und ausschließlich nur persönlich, erhalten habe.
Perfekte Organisation im Startbereich erwartet mich. Große Läufe sind fast immer gut organisiert, dieser hat aber den „Tick“ mehr. Überall Aushänge und Pläne wo was zu finden ist. Eine Amada ein Trucks für die Kleiderbeutel. „Wäremeplastikkleiderüberzieher“ stehen sofort nach dem Umziehen zur Verfügung. Bereits jetzt wird Wasser ausgeschenkt.
Das Einlaufen gestaltet sich ein wenig schwierig, da der Platz durch die Umzäunung des Veranstaltungsgeländes begrenzt ist. 15 Minuten einlaufen lasse mich mir aber trotzdem nicht nehmen. Irgendwie kreuz und quer zwischen allen anderen auf einer Grünfläche direkt vor einem Hochhaus.
Noch zwanzig Minuten bis zum Start. WhatsApp ist zusammengebrochen. Ich suche mir meinen Startblock B. Mein Nebenmann fragt mich noch, ob ich mir schon eine Pizza ins Ziel bestellt habe…
Ich bin ruhiger als noch heute Morgen. Ich fühle mich gut, kann dennoch nicht einschätzen wie es laufen wird. Ich weiß, dass ich keinen Regenerationslauf vor mir habe und zwangläufig irgendwann der Kopf die Ansagen machen muss, weiterzulaufen, wenn der Körper sich anfängt zu wehren. Ist mein Geist heute schwach, nutzt mir auch eine gute Form nichts. Davor habe ich großen Respekt. Ich versuche den Moment zu genießen. Alles andere wird sich beim laufen zeigen. Vorher darüber zu grübeln, trübt den Genuss und bringt rein gar nichts.
Musik schallt über das Starterfeld. Ein Moderator stellt die Eliteläufer vor. Alles könnte gefühlt lauter sein. Musik und Ansagen gehen fast unter, wenn man im Läuferfeld steht.
Genauso wie der Startschuss (es muss gefallen sein, denn das Feld beginnt sich zu bewegen…) der ohne Anmoderation und Countdown einfach geschossen wird.
Es geht also los.
Ich kann sofort auf mein Tempo gehen. Durch die versetzten Startwellen gibt es keine Platzprobleme. Meine Beine fühlen sich gut an, es scheint alles zu stimmen.
Es ist wunderbar Berlin ohne Autos zu sehen und das überall an der Strecke die Menschen den Lauf und den sonnigen Sonntag genießen. Ich laufe durch das Brandenburger Tor Richtung Straße des 17. Juni und ordne mich Rechts ein. Meine Familie müsste bald erscheinen, verabredet haben wir uns zwischen Kilometer 3 und 4. Bis Kilometer 10 entdecke ich sie nicht. Im Nachhinein stellte sich heraus, dass sie die Seite wegen der Sonne gewechselt haben, die Info SMS dazu mich aber nicht mehr erreicht hat.
Kilometer 10 ist erreicht und ich bin nur ein paar Sekunden langsamer als noch Anfang März beim Celler Wasa-Lauf, bei dem ich noch im Ziel dachte, wie soll ich dieses Tempo nun noch weitere 11km halten. Es fühlt sich wunderbar an, wenn etwas klappt und der Körper das macht, was der Plan war.
Es sind weiterhin gefühlt alle Berliner an der Strecke. Das motiviert durchgehend und lässt mich nicht einknicken. Auch die Strecke, welche fast für Touristen ausgesucht sein könnte, ist mehr als nur kurze Seitenblicke wert.
Kilometer 14 wird passiert und ich merke nun doch so langsam, wie sich die Energie verbraucht und ich mich mehr konzentrieren muss um das Tempo zu halten. Für diesen Moment habe ich immer meine Musik dabei. Normal laufe ich unbekannte Routen oder Wettkämpfe ohne persönliche Beschallung. So erlebe ich die Atmosphäre intensiver und irgendwie ehrlicher. Ab Kilometer 14 ist nun aber doch Motivationsmusik mein Begleiter. Ich merke sofort, dass sie mir neue Energie zurückbringt. Oder eher dem Kopf als „Gedankendroge“ dient. Ich höre Songs, die ich ausschließlich mit guten und erfolgreichen Momenten verbinde. Die mich beim Krafttraining nicht nachgeben lassen, die mich nun in meinen „Tunnel“ bringen. Es funktioniert.
Kilometer 19 und ich treffe nun doch meine Familie auf der richtigen Straßenseite. Das motiviert für die letzten 2 Kilometer. Ich muss nun kämpfen. Ich werde nicht langsamer. Doch ist jeder Schritt mit dem Gedanken verbunden, das es besser gleich vorbei sein sollte. Ich habe keine Schmerzen, es ist nur das Laufen an der „schneller geht es nicht“ Grenze. Hier schreit der Körper durchweg Richtung Kopf „lass es sein, warum hörst du nicht einfach auf wenn es so anstrengend ist. Lass es doch sein, hör auf.
Ich überquere die Ziellinie.
Meine Mindestanforderung habe ich erreicht und damit meine, seit knapp zwei Jahren im Raum stehende Bestzeit von 1:39:02 auf 1:37:26, unterboten. Das „bisschen mehr“ dagegen nicht. Ich muss dies Jahr also nochmal bei einem Halbmarathon an den Start 🙂
Ich finde es immer wieder auf Neue unglaublich, wie viele Menschen laufen und wie mega fit sie doch alle sind. Ich bin so gelaufen, das ich im Ziel wusste, ich hätte nicht viel schneller laufen können und doch sind schon 2000 Läufer vor mir da…
Es war ein perfekter Tag und hervorragender Lauf. Als einen der ersten großen deutschen Läufe zum Jahresbeginn kann ich den Berliner Halbmarathon uneingeschränkt empfehlen. Er bekommt vier von fünf Laufliebhaber Herzen.
Eine detaillierte Beschreibung mit Fakten, persönlicher Meinung und Infos findest du hier:
AUSWERTUNG 34. BERLIN HALBMARATHON 2014
weitere Fotos findest Du hier!
Berlin Halbmarathon Streckeninformation und GPS Download KLICK
Din says
Herzlichen Glückwunsch zu dieser tollen Leistung auch hier noch einmal.
Es klingt nach einen perfekten Halbmarathon, sowohl was die Veranstaltung als auch den Lauf für dich persönlich angeht. Das freut mich.
Ich bin auch immer wieder überrascht, wie unglaublich fit die Teilnehmer bei so vielen Veranstaltungen sind. Nun ja, aber wir haben ja auch alle dafür trainiert und erwartet etwas. Unvorbereitet wird oder sollte ja niemand in ein Rennen gehen.
Alex - Laufliebhaber.de says
Hallo Din,
vielen Dank! Es war wirklich perfekt. Frühling im März, Familie dabei, Bestzeit. Ich hatte danach keine Fragen mehr…
Nur wann ich wieder laufen darf 🙂
2015 ist der Termin vsl. am 29. März. Anmeldung noch nicht geöffnet 😉