Syltlauf 2014, seit über zwei Stunden Wind von links vorne. Nieselregen von überall. Dünen und grauer Himmel. Das Meer unsichtbar und geräuschlos dahinter.
In meinen Gedanken kann ich die Brandung hören und mich an den Geschmack des Windes direkt am Meer erinnern, wie er nur auf Inseln zu erleben ist. Das Ziel ist für mich noch knapp eine Stunde entfernt. Wären es nur noch 5min, es würde mich heute nicht stören.
Syltlauf, 16. März 2014.
10.00 Uhr morgens.
(Streckenplan unten im Artikel. NEUER Artikel zum Syltlauf 2016 hier.)
Wind aus Nord-West. Unbeständig und in Böen. Das Meer und die Brandung sind nicht zu sehen. Möwen schreien und Nieselregen beginnt bei ca. 8 Grad Lufttemperatur einzusetzen.
Ich sehe kurze Hosen, Windbreaker in Massen und Monturen, um die Arktis zu erobern. Bei einem Insellauf ist die Wahl der Laufkleidung schwer. Durch Wind, Regen und Temperaturen muss man für alles ein bisschen vorbereitet sein.
Das Läuferfeld wirkt wie ein kleiner „Volkslauf von nebenan“ und doch sind es mehr als 700 Menschen die das laufen lieben und sich der Herausforderung stellen 33,33km von Hörnum nach List zu laufen.
16km geht es geradeaus Richtung Westerland. Mehr als 5km kann ich meist in die Ferne schauen. Überall sich bewegende bunte Läuferpunkte die im grau des Tages fast aussehen wie hüpfende Flummis. Es herrscht unausgesprochene Einigkeit, das man in Gruppen besser in diesem Wind läuft.
Auch wenn die Energieersparnis gering ist, so scheint es für den Kopf eine größere Hilfe zu sein. Lässt der Wind für Sekunden nach oder hindert eine Düne kurz seinen Einfall, erlebe ich erst wie sehr wir doch alle gegen ihn laufen müssen. Auf diesen Metern sagt meine Uhr mindestens 20 Sekunden schneller pro Kilometer, ohne das ich gewollt mehr Kraft aufwende. Einfach nur weil die Windbremse fehlt.
Kurz vor Westerland erreiche ich die Kurve, für die es sich alleine schon lohnt hier zu laufen. Ich erinnere mich noch an das letzte Jahr, als ich die Strecke noch nicht kannte und dann so sehr beeindruckt war. Noch bevor das Meer zu sehen ist, kann ich es heute schon hören. Scharf links, über eine Düne und dann ist es einfach da. Wie im Film „Knockin on heavens door“, als Rudi Wurlitzer ans Meer fährt, welches er noch niemals einmal zuvor gesehen hat.
Heute auf Sylt ist es wild und laut. Weiß und grau. Mit Schaumkronen die sich in ihrer Form und Größe im Sekundentakt zu überbieten scheinen. Es interessiert sich nicht für Läufer. Mich interessiert es sehr. Die schönsten zwei Kilometer auf der Syltpromenade folgen.
Hunderte Menschen freuen sich mal wieder das Menschen laufen. Nicht nur hier an diesem zentralen Punkt, auf der ganzen Strecke finden sich immer wieder Menschen die anfeuern und Klatschen, bei Regen und Wind. Ob sie den Läufer nun kennen oder nicht. So ist das am Meer. Das Wetter spielt keine Rolle für das was man vor hat oder wie gut man gelaunt ist.
Ab Kilometer 19 schließe ich mich einer kleinen Läufergruppe an. Ein Fehler wie sich später herausstellen sollte. Denn aus einem langen Trainingslauf, wie ich es geplant hatte, ging es nun doch Richtung Wettkampf. Ich habe mich hinreißen lassen das Tempo mitzugehen und bekam bei Kilometer 29 die Quittung. Ich konnte den Mann mit dem Hammer aus den Augenwinkeln sehen. Ich hatte ihn noch niemals zuvor gesehen. Auch nicht in der Ferne und auch nicht beim letzten Marathon.
Heute schien er mich persönlich begrüßen zu wollen. Die letzten Kilometer waren kein Fest, keine Feier und kein verliebt sein ins Laufen. Ich habe mich auf jeden Schritt konzentriert, nicht mehr in die Ferne geschaut, sondern nur die Meter vor mir fokussiert. Das hilft mir nicht nur wenn die Energie zur Neige geht, sondern auch wenn die Strecke über Kilometer nur geradeaus verläuft. An das Stück Kuchen was ich später essen würde habe ich gedacht und das ich es nur essen darf, wenn ich das Ziel laufend durchquere. Das es absolut keinen Sinn macht 3km vor dem Ziel aufzuhören. Weil es nur meine Kraft und mein Kopf sind, die mich aufhalten. Keine Verletzung oder schlimmer Schmerz.
Das Laufen, der Wind oder das Wetter trifft dabei keine Schuld. Zwischen dem Celler Wasa Lauf und dem Syltlauf lag nur eine Woche. Ansich genug, aber nur wenn man bei der Ernährung und Erholung alles richtig macht. Ich habe fröhlich schwer im Fitnesstudio weitertrainiert und meine Energiebilanz eher zu niederig gehalten und die falschen Nährstoffe ausgewählt, als das mein Körper sich optimal erholen kann.
Alles geht auf meinen Zettel und ich werde wieder daraus lernen.
Per Handschlag vom Veranstalter im Ziel begrüßt und mit einem Herzlichen Glückwunsch, schön das Du dabei bist, empfangen, waren diese Gedanke bereits Minuten danach vergessen.
Jeder Läufer wird übrigens so empfangen.
Die Herren erhalten eine Medaille. Die Damen zusätzlich eine Rose.
Zwar mit leichter Sorge was meine Leistung betrifft, aber doch mit mehr Anteil der Freude sah ich also in zwei Wochen bereits den Halbmarathon in Berlin.
Fazit und Fakten
- Wenn ich mir aus Trainingsgründen Plan A überlege und Plan A funktioniert, sollte ich bei Plan A bleiben.
- Die Startnummernausgabe erfolgt schnell und unkompliziert im Congress Centrum Sylt. Mit einem Getränke und Essen Gutschein kann man an der parallel stattfindenden Nudelparty teilnehmen. Sehr lieb und familiär organisiert.
- Von Westerland und den umliegenden Orten fahren kostenlos Läuferbusse nach Hörnum, da der Weg für den öffentlichen Verkehr gesperrt ist. Vor Ort konnte man sich im „Fünf-Städte-Heim“ in Hörnum aufhalten, umziehen, warten bis zum Start.
- Die Wechselkleidung kann in einem Läuferbuss abgegeben werden, welcher alles zum Ziel fährt.
- Ein Hit ist die kurze Ansprache (siehe Video) des langjährigen Organisators Franz Beilmann, bei der die Technik nie zu funktionieren scheint. Ich glaube das muss mittlerweile so sein
- Die Streckenverpflegung ist mit Wasser, Tee Getorade und noch einem weiteren Läuferdrink angemessen. Teilweise stehen auch Bananen zu Verfügung.
- Das Publikum ist bis auf Westerland eher spärlich an der Strecke. Aber wenn es da ist, voller Freude, Spaß und komplett im Anfeuermodus.
- Die persönliche Begrüßung im Ziel ist etwas Besonderes und schätze ich sehr. Auch die extra Blume für die Damen zeigt, das hier keine übliche Laufveranstaltung abgehandelt wird.
- Zielverpflegung ist in Ordnung. Getränke, Brühe und Bananen.
- Umziehen und Duschen ist möglich.
- Die Läuferbusse fahren in relativ kurzen Abständen zurück nach Westerland zur Sylter Welle, in der man Kostenfrei (Gutschein mit der Syltlauf Anmeldung) baden und relaxen kann.
- Möchte man unterwegs aussteigen, hält der Bus auch dort.
- Die jeweils aktuelle Syltlaufbroschüre des Tinnum66 kann hier als pdf heruntergeladen werden.
- Das Ergebnisarchiv findest du hier: Ergebnisarchiv Syltlauf
Persönlich kann ich den Syltlauf sehr empfehlen. Gerade weil er ein guter Start in die Laufsaison ist. Jedoch darf man nicht unterschätzen, dass es auch aufgrund des Wetters schnell mehr als nur ein entspannter Trainingslauf werden kann.
Auch dadurch, dass man sich bereits im Sommer des Vorjahres anmelden muss, wird eine gute Motivation geschaffen um am Laufen dranzubleiben. Der Lauf ist innerhalb weniger Wochen ausgebucht. Das Risiko, das man vielleicht doch nicht teilnehmen kann, oder sich verletzt, muss hingenommen werden. Die Karte wird man definitiv auch kurz vor dem Lauf noch los. Hier sind nur die Regeln des Veranstalters für Ummeldungen zu beachten. Hotels und Zimmer sind Ende März ohne Probleme auf Sylt zu buchen.
Eine große organisatorische und ehrenamtliche Leistung von Tinnum 66. Vielen Dank!
Der 35. Syltlauf startet am 13. März 2016. Ab Mai 2015 ist das anmelden und anfordern der Ausschreibung (mit frankiertem Rückumschlag) ausschließlich per Post, möglich.
Hast Du am 34. Slytlauf teilgenommen? Mir war es leider nicht möglich. Schreib mir gerne einen Kommentar wie es in diesem Jahr war. Ich bin auch sicher nur ein bisschen neidisch 🙂
Syltlauf Streckeninformation und GPS Download
Marcus Voss says
Hallo Alexander,
schöner Bericht… 🙂
Alex Laufliebhaber says
Danke Marcus, freut mich das er gefällt.
Nächstes Jahr gibt es nach Plan einen neuen Syltlaufbericht 🙂