Einen Wettkampf laufen wenn im Ziel niemand auf dich wartet ist wie das Glück, das sich nur vermehrt und vollständig wird, wenn du es teilst.
Lieblingstag HAJ Hannover Marathon. In diesem Jahr schon am 10. April 2016. In diesem Artikel möchte ich dir davon erzählen.
Warum es ein Lieblingstag ist und warum Trainingspläne nicht der Weisheit letzter Schluss sind.
Wenn ich mich so umhöre, haben viele Läufer ein Problem mit diesem frühen Termin im Jahr. Vielleicht nicht um die gewählte Strecke zu bewältigen, jedoch um in Bestform zu sein.
Ich liebe zwar das Laufen im Winter, doch machte die ewige Dunkelheit im Training schnelles Laufen nicht einfach. Eine Tartanbahn stand mir nicht zur Verfügung und so lief es auf Tempoläufe oder Intervalle mit Taschenlampe im Wald hinaus. Vielleicht mutig, wohl doch eher fahrlässig. Selten jedoch mit der Chance ans Limit zu gehen.
Beim Halbmarathon in Berlin 2014 bin ich meine bis dahin beste Zeit von 1:37:26 gelaufen. Schon in 2015 hatte ich vor diese zu verbessern, doch es kam anders. So schrieb ich es mir für 2016 auf meinen Zettel als oberstes Ziel. Wie ich allerdings dahinkommen sollte war mir noch nicht so ganz klar. Ich denke das dass auch gar nicht so wichtig war. Das Wie ergibt sich meist, wenn man weiß welches Ziel es zu erreichen gilt.
Ich habe mir einen Trainingsplan geschrieben, wofür ich als Fundament ein Modell der Laufsportfreunde Münster nutzte. Da ich weiterhin schwere Gewichte heben und auch das Laufen am Berg, ok sagen wir für uns Niedersachsen lieber Steigungen, nicht vernachlässigen wollte, habe ich diesen als Grundgerüst genommen und für mich angepasst.
Im Nachhinein kann ich sagen es hat funktioniert. Während des Trainings habe ich ihn verwünscht und selten weniger als 87 Mal am Tag an mir gezweifelt.
Manchmal ist besser nichts zu erwarten und nur eine Hoffnung zu haben. Denn Hoffnungen können nicht enttäuscht werden.
Auszug Trainingsplan:
(durchgestrichen bedeutet immer, das wäre der Plan gewesen…)
Selten habe ich geschafft was im Trainingsplan stand. Besonders bei Tempoläufen oder Intervallen bin ich oft schwer gescheitert. Das war nicht sehr hilfreich für mein Selbstbewusstsein. Doch auch wenn auf dem Plan eine andere Zeit stand die es zu erfüllen galt, konnte ich mit jedem Training etwas mehr leisten und habe dadurch Sicherheit gehabt, das es voran geht.
Zum einen hat mir dabei mein Krafttraining geholfen, das mich stärker gemacht hat. Zum anderen die Läufe im Deister. Sie waren sicher nicht schnell. Dafür mit viel hoch und runter.
Habe ich alles getan um den Trainingsplan zu erfüllen? Nein, habe ich nicht. Manchmal war mir Krafttraining wichtiger. Manchmal der etwas langsamere Lauf mit anderen Laufliebhabern. Und manchmal brauchten Freunde auch einfach nur Hilfe bei etwas. Würde ich genauso wieder tun.
Du darfst Trainingspläne als Grundlage nehmen um für dich Fortschritt zu erreichen. Der Weisheit letztes Schluss sind sie nicht und schon lange kein Gesetz, welches mehr zählt als dein Wohlbefinden.
Du darfst sogar Laufen und schneller werden ohne jemals einen Plan gehabt zu haben…
Das Marathonwochenende wird bei uns immer groß gelebt und gefeiert. Aus Köln und Lübeck wird extra angereist und in Hannover schon Wochen vorher ausgedacht, was es vor und nach dem Lauf zu essen gibt.
Genau deswegen liebe ich dieses Wochenende so. Es wird mit Menschen verbracht die glücklich machen.
Anders als auf Sylt im März. So ein Wochenende hat auch Qualitäten, Reiz und ich mag es auf seine Art dabei allein zu sein.
Doch fehlt am Ende immer das gemeinsame Erlebnis.
Die Woche für den Lieblingstag Hannover Marathon brach an und ich kam mir vor, als stünde am Ende die Prüfung zum Abitur. Mit LK in Chemie und das auf Russisch.
Unfassbar, so aufgeregt war ich schon lange nicht mehr. Fast jede Nacht habe ich davon geträumt zu spät am Start zu sein, die falschen Schuhe zu tragen und mich während des Rennens zu verlaufen. Morgens musste ich dann immer erst überlegen… was war Traum und was vielleicht sogar wirklich…
Unerwartet schwer stand ich die letzte Woche durch. Ruhig bleiben war ausgeschrieben. Die Tage vor dem Lauf in denen nicht oder nur sehr wenig und entspannt trainiert wird. Das war fast so schwer wie die Intervalle. Keine langen Läufe mehr. Kein Tempo. Hätte eh zu nichts geführt. Was ich bis hierhin nicht trainiert habe, kann ich nicht mehr nachholen. Schadet nur.
Also ruhig bleiben. Kein Krafttraining und nur 2 Mal langsam und richtig kurz laufen.
Vertrauen haben in das was ich getan habe. Zumindest versucht habe ich es mir dieses Vertrauen einzureden…
Der Abend vorher wurde mit 11 Freunden und einigen Nudeln zelebriert. Ich meine sogar, das ich bei einigen Rotwein gesehen habe J
Um 23.00 Uhr war ich dann im Bett und schlief sogar fix ein.
06.50 Uhr Aufwachen ohne Wecker. Traumlos.
07.05 Uhr Aufstehen. Yoga-kleine Reihe und so…
07.15 Uhr Ordnen der Rennkleidung, Startnummer anbringen, ruhig bleiben
08.15 Uhr Portion Milchreis ohne Milch mit Whey und ungesüßten Dosenmandarinen
08.30 Uhr umziehen
08.45 Uhr NDR Vorbericht und Start Marathon im TV
09.15 Uhr Aufmachen zum Start
09.50 Uhr Aufwärmen an der Strecke mit kleinen Sprints. Der Elite und den Hahner Twins zuschauen wie sie an mir vorbeirasen.
10.10 Uhr Treffen mit der Nudelpartytruppe. Fotos und so…
10.15 Uhr Roctane Gel
10.20 Uhr Startblock suchen. Verdammt, falsche Seite. Wir müssen um den ganzen Startbereich herum. Wir kommen zu spät.
10.29 Uhr im Startblock B. Keine Zeit mehr zum fokussieren.
10.30 Uhr Start
Vom Start an kann ich mein Tempo gehen. Auch wenn es immer wieder trotz Block B Slalom laufen heißt. Muss sein. Wenn ich bereits auf den ersten Kilometern Zeit verliere, werde ich sie am Ende wahrscheinlich nur schwer wieder einholen können. So sehr ich ein Liebhaber des langen zeitlosen Laufens bin, heute geht es mir um Zeit.
Also alles oder nichts vom Start an. Was im Training für mich manchmal zum kotzen war und ich aus Angst davor es nicht zu schaffen nie für 10 Kilometer am Stück trainiert habe, lief nun einwandfrei.
Ein Schnitt von 4:27min. Ob ich das durchhalten kann stand nicht zur Debatte. Wenn ich schneller sein wollte als 2014 durfte ich nur so laufen.
Hannover war der Hammer. Unfassbar viele Menschen an der Strecke. Durchgehend. Mit so viel guter Laune.
Das kenne ich nicht aus Hamburg, nicht aus Berlin und auch nicht aus München. Hannover ist hier unangefochten Stimmungsspitzenreiter.
Mein Tempo hält. Energie auf Anschlag. Brooks Racer laufen rund.
Bei Kilometer 14 merke ich erste minimale Zeichen von Anstrengung. Das mag komisch klingen, tut es ja selbst für mich, bis hierhin war es jedoch einfach nur Freude am Laufen ohne Einschränkung.
Im Nachhinein kann ich mich nur noch schemenhaft erinnern. Ich habe leicht den Fokus verloren und darum gekämpft die Zweifel im Kopf im Zaum zu halten. So liegen nun auf Kilometer 16-18 die Sekunden, welche für die Kirsche auf der Sahne gedacht waren.
Jetzt im Nachhinein weiß ich, das ich es hätte laufen können. Es war drin. In den zweifelnden Minuten im Lauf sah ich es nicht.
Ein Plan funktioniert auch, wenn ein Plan nicht funktioniert hat.
Die Kilometer ab K19 bis ins Ziel waren wieder flott. Hart zwar und dennoch die emotionalsten in meiner Erinnerung. Im Training habe ich mir diese letzten Minuten oft vorgestellt.
Wenn ich beim Tempolauf am Ende einfach nur aufhören wollte, langsamer wurde. Dann habe ich mir gesagt, das ich im Rennen an dieser Stelle sicher auch nicht langsamer werden und nur laufen und den Jubel der Menschen genießen würde.
Probiere das mal aus. Das hilft 🙂
Das Ziel in Sicht. Hammer, ich war schneller als 2014. 1:35:22 Brutto. Könnte klappen für die Kirsche.
Hat nicht geklappt.
1:35:08. Exakt 2 Minuten und 18 Sekunden schneller als Berlin. Die 9 Sekunden für die 1:34:59 liegen in Hannover-Herrenhausen.
Ich bin zufrieden, denn ich hatte große Zweifel das überhaupt schaffen zu können. Und doch nagt ein wenig der Ärger, das ich nicht weiter gegangen bin und mir einfach die Kirsche genommen habe. Einfach so. Weil ich es hätte können.
Das ist vergangen und die positiven Gedanken an diesen Lieblingstag überstrahlen alles. Sie sind für immer meins und wenn es mal nicht so gut läuft, werde ich mich immer daran erinnern können.
Das Jahr hat neue Ziele für mich. Dort werde ich mir die Kirsche holen. Mit doppelt Sahne und Schokosoße.
Was mich gewundert hat, meine Garmin hat mir einen Schnitt von 4:28 im Ziel angezeigt. Damit hätte die 1:34 funktioniert.
Final waren es jedoch auf der offiziellen Liste 4:31.
3 Sekunden im Schnitt ist schon ein ziemlicher Unterschied…!
Nach dem Lauf trafen wir uns natürlich noch zum gemeinsamen essen. Ein heißer Grill, Salate und natürlich Kuchen (in diesem Jahr Apfelkuchen. Denn alle Läufer essen Kuchen. Rezept hier: KLICK) schlossen dieses Lieblingswochenende ab.
Fazit
1. Hannover rockt. Pack deine Freunde ein und Lauf nächstes Jahr mit.
2. Danke an Eichels Event für dieses so gelungene Sportereignis.
3. Schweres Krafttraining mit Grundübungen wie Kreuzheben und Kniebeuge macht dich Schneller, ohne das du dafür Tempoläufe reißen musst. Zudem schützt es dich vor Verletzungen.
4. Du darfst stark sein wenn du schnell laufen möchtest.
5. Berge/Steigungen laufen bringt dir mehr, als so mancher halbherzige Tempolauf.
6. Das Laufband eignet sich hervorragend für Intervalltraining. Für mehr aber auch nicht!
Eine gute Zeit beim Laufen!
alexander
Alle und noch mehr Fotos vom Lieblingswochenende findest du hier. KLICK
Die neue Halbmarathonstrecke mit Möglichkeit zum GPS Download hier. KLICK
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