Inhaltsverzeichnis
Vorsicht vor Packlisten-Schönrechnern
Packlisten.
Verpflegungslisten.
Tagesetappen und Entfernungslisten.
Ich liebe Listen.
In diesem Artikel erfährst du, worauf du bei deiner Packliste achten solltest und warum Packlisten von anderen Wanderern manchmal mehr Fluch als Segen sind.
Mehr noch liebe ich das erstellen und anpassen dieser Listen an meine Bedürfnisse.
Das war nicht immer so. Denn nach vielen Jahren der Wanderabstinenz habe ich mich für mein Auszeit Projekt Schweden erst wieder mit dem Thema Packlisten befassen müssen. Und bin verzweifelt.
Was mich zum verzweifeln brachte, waren die ganzen unterschiedlichen Listen die es da in diesem Internet gab. Von Wochenendausflügen bis hin zu einer Jahreswanderung.
Von 5 Kilo bis zu 40 Kilo.
Alles war zu haben.
Nicht den Verstand verlieren
Heutzutage gibt es einfach zu jedem Ausrüstungsgegenstand eine Alternative. Die leichter ist, die schöner aussieht, von einer anderen Marke. Meist heißt das jedoch nicht, das es auch besser ist. Besser für dich und dein Vorhaben.
Schnell gerät man in einen Wahn, insbesondere wenn es um das Rucksackgewicht geht. Kaum ist ein neuer Gegenstand gekauft, findet man eine Woche später genau dieses Teil von einem anderern Herstellter und es wiegt 50g weniger. Das kann sich richtig hochschaukeln. Die Sinnhaftigkeit der Ausrüstug gegebüber der Wanderung oder Tour wird nicht mehr hinterfragt. Leichter, nur noch leicht glüht als einziger Leuchtstern am Himmel.
Und wenn du dann noch so wie ich Ultraleicht-Packlisten als den ultimativen Gral von Langstrecken-Wanderern hinzunimmst, verlierst du völlig den Verstand. Zumindest fühlte ich mich zeitweilig so.
Verständlich, sind doch die Möglichkeiten einer solchen Liste schier unerschöpflich. Genauso wie die Kosten um das alles zu beschaffen…
Ich mußte also erstmal für mich klarstellen, was habe ich vor und welche Art von Listen für dieses Unterfangen die beste Grundlage sind.
Was hilft mir eine Ultraleicht Packliste, wenn ich doch weiß das ich ohne Kopfkissen nicht gut schlafen werde. Oder die Liste vom Sommer-Jakobsweg, wo ich doch 10 Tage im September im Norden keine Möglichkeit habe um einzukaufen.
Woran ich mich immer am meisten gestört habe, waren die Packlisten welche nicht helfen da sie falsche Tatsachen vorspiegeln. Weil sie z.B. als vollständig dargestellt werden und für jede Reise passend sein sollen. Oder als ultimativ Ultraleicht, dann aber elementare Gegenstände nich aufgelistet werden.
Der Ultraleicht -Schönrechner
Mit wie viel Gepäck jeder wandern möchte und welchen Komfort er dabei braucht, muss natürlich jeder für sich selbst entscheiden und herausfinden. Doch wenn eine Ultraleicht Packliste angepriesen wird und sich als vollständig rühmt, dann schaue ich gerne genauer hin. Und oft sind diese Listen dann doch nicht vollständig. Der Hausschlüssel fehlt, WC Papier ist nicht gelistet und auch ein Schneidwerkzeug suche ich vergebens. Kein Ausweisdokument, keine Geldbörse, keine Uhr oder Handy.
Klar, den Hausschlüssel kann man bei Freunden abgeben. Statt WC-Papier Blätter verwenden und nur Tütensuppe essen und Pflaster vorgeschnitten einpacken.
Mich haben diese Listen damals total verunsichert. Weil ich mich an den Profis orientieren wollte. Genau das Gewicht erreichen wollte, das am Ende dort gelistet stand.
Das war vielleicht genau das Problem.
Ich habe nicht auf mich geschaut und was ich vor habe, sondern nur darauf wie das denn dieser Profi handhabt. Und wenn das dann noch einer der Packlistenschönrechner war, deren Listen mehr verunsichern als das sie helfen, dann ist genau das passiert. Ich war vollständig verunsichert.
Vom Prinzip, schau dir alle Listen an die dich interessieren und nimm das mit, das du gebrauchen kannst. Betrachte sie vielleicht als Inspiration, nicht als Gesetz welches es zu erfüllen gilt. Um daraus dann genau die Liste zu bauen, welche für dich die Beste ist.
Und wenn du im Herbst hoch in den Norden fährst und nur ein Tarp als Unterkunft aufgeschrieben hast, frag dich doch nochmal ob du das wirklich so willst.
Deine Bedürfnisse
Jeder Wanderer ist anders.
Möchte anderes erleben.
Sich anders anstrengen.
Hält nichts von Entbehrung bei Tütensuppe und Energieriegel.
Vor allem, jeder Wanderer braucht und möchte es anders.
Das ist eine der wichtigsten Fragen die du dir stellen darfst.
Was brauchst du?
Dir wird ohnehin mal kalt sein oder viel zu warm. Die Füße werden nass, der Rücken schmerzvoll und Hunger schaut auch ab und an mal vorbei. Das gehört dazu und ich sehe es sogar als unabdingbar zugehörig bei einer guten langen Wandertour.
Doch wieviel mehr oder eben weniger du brauchst, das gilt es herauszufinden. Wandern ist dein Erlebnis und sollte dich zufrieden stellen und eine gute Zeit bescheren. Auch wenn du niemals einmal jemanden davon erzählen könntest.
Die häufigsten Fehler bei der Nutzung von Packlisten
- Deine Wanderung führt dich in den Norden und du wirst tagelang keine Menschen treffen, geschweige denn an Lebensmittelläden vorbeikommen. Du hast dir jedoch eine Packliste für den Jakobsweg als Hilfe aus diesem Internet gezogen.
- Du verzweifelst daran, das Gewicht einer UL Packliste zu erreichen. Diese ist jedoch gar nicht vollständig und einfach nur zum Angeben veröffentlicht.
- Du glaubt das UL wandern das einizg Wahre ist und vergisst, das du ein bisschen Komfort wie Kopfkissen, ein geschlossenes Zelt unbedingt für eine gelungene. Wanderung brauchst.
- Du vergisst beim Rucksackgewicht deinen täglichen Wasserbedarf einzuberechnen sowie das du einiges an Kleidung mehr zu tragen hast, wenn es richtig warm wird.
- Du trägst Kleinkram (Schnur, Löffel, Pflaster, Sicherheitsnadeln, Ausweis usw.) nicht ein, weil das ja eh nicht viel wiegt. Stimmt, doch in Summe aller Kleinigkeiten kommt auch da was zusammen. Zudem kannst du nicht abhaken, ob du es nun eingepackt hast oder nicht. Vielleicht vergisst du es sogar, weil es gar nicht auf der Liste steht und du dich nicht erinnerst…
- Nach deiner Reise genießt du nur die Erinnerung an die Erlebnisse und lässt die Nachberarbeitung Links liegen. Dabei wäre es wichtig, die Packliste anhand deiner neuen Erfahrungen direkt anzupassen bzw. dir Notizen zu machen was sich bewährt hat, was du das nächste Mal zuhause lassen kannst und was du vermisst hast.
- Du erreichst einfach nicht das Gewicht der Packliste, welche du als Orientierung rausgesucht hast. Dabei übersiehst du, das dir fotografieren wichtig ist und viel Spaß macht. Das Equipment wiegt und derjeniger welcher die Beispielliste erstellt hat, findet keinen Spaß daran und hat dementsprechend kein Equipment dieser Art in seiner Liste.
- Du notierst dir nicht das Gewicht der einzelnen Gegenstände und verlierst so den Überblick über das Gesamtgewicht.
- Ihr startet als Wanderduo. In eurer Packliste habt ihr aber jeder das Zelt und z.B. das Kochequipment eingetragen.
- Der Inhalt deiner Packliste wird erst einen Tag vor Abreise zusammengesucht überprüft und in den Rucksack gepackt. Und jetzt merkst du, das dein Wassersack von der letzten Reise innen geschimmelt ist und überhaupt alles gar nicht in den Rucksack passt.
Packlisten-Beispiel
Ende Mai 2020 war ich auf dem Bohusleden in Schweden unterwegs. Meine Packliste, welche ich als Grundlage für alle meine Wanderungen nutze und dann nur entsprechend den Schlafsack, Fotoequipment oder Winter/Sommerkleidung austausche, findest du hier.
Packliste Bohusleden
Eine kleine Geschichte zum Schluß
Es war 18:06 Uhr am Freitagabend, als Herr Müller zufrieden feststellte das jedes Kästchen auf seiner Checkliste ein Häkchen hatte. Fein säuberlich von unten Links nach oben Rechts durch die Ecke des Quadrats waren 48 Bestätigungen als Beweis auf dem Papier zu sehen.
Das muss ja dann bedeuten, dass ich an alles gedacht habe resümierte er für sich.
Zufrieden schloss er den Koffer. Nachdenklich setze er sich auf die Bettkannte. Ein Gefühl von Unstimmigkeit fühlte er in seinem Bauch. Unstimmig, weil etwas hier nicht passte. So wie er sich immer fühlte, wenn er einen Kugelschreiber anstatt eines Bleistifts verwendete und damit verhaftet war an dem, was auf dem Papier stand. Doch statt dem Gefühl nachzugehen, versuchte er sich auf das Kommende einzustimmen. Wie anders und wie erhellend es werden würde. Diese Stille, das Schweigen. Keine Kollegen mit ihrem Drang zu sinnloser Konversation. Nur die Einfachheit des Tages verwoben in der Sicherheit, dass ein erfahrener Guide alles begleiten würde.
Die Reisegruppe traf sich am nächsten Morgen direkt auf dem Bahnsteig. Alle waren schon da als Herr Müller als Letzter in aufgeregte Gespräche und Fachsimpelei über Ausrüstung und ob man denn alles dabei hätte, platzte. Und als hätte eine Lehrkraft ihrer zweiten Klasse den Schweigefuchs gezeigt, verstummten alle sofort. Sieben Gesichter starrten ihn an als wäre der Osterhase im Weihnachtsmannkostüm vorstellig geworden. Noch immer sagte niemand ein Wort und Herrn Müller ergriff wieder das Gefühl von gestern Abend, als er auf dem Bett neben seinem fertig gepackten Koffer saß und zu fühlen glaubte, das etwas nicht ganz richtig war.
Das Schweigen der Runde wurde von lachen durchbrochen und der Guide ging auf Herrn Müller zu, nahm ihn bei Seite und fragte. „Du weißt schon, dass wir wandern gehen, oder?“
„Herr Müller bitte, Danke.“
„Natürlich weiß ich das, mit Schirmchendrink in der Sonne rumliegen war nicht mein Anliegen, antwortete er knapp.“
„Das ist schon mal sehr gut, Herr Müller,“ gab es als Antwort zurück. „Und haben Sie auch die Checkliste was alles mitzubringen ist zu Hilfe genommen?“
Ja natürlich, da waren doch Kästchen drauf die abgehakt werden müssen, sagte Herr Müller. Und dachte sich, was das ganze denn soll und ob der Mann nicht endlich damit rausrücken möchte, was anscheinend das Problem ist.
„Gut, ich höre daraus das Sie Checklisten mögen,“ sagte der Guide. „Die mag ich auch, denn sie helfen ungemein sich sicher zu fühlen an alles gedacht zu haben.“
„Ganz genau,“ erwiderte Herr Müller sichtlich angetan eine Gemeinsamkeit gefunden zu haben. „Ganz genau. Meine Regel Nummer eins ist immer, alles komplett durcharbeiten und mehrfach prüfen.“
„Sehen Sie mal, Herr Müller und meine Regel Nummer zwei ist es, auch immer den Anlass der Reise in Bezug zur Checkliste zu setzen.“
Und Regel Nummer drei, der Rucksack war in der Beschreibung erwähnt und die hatte kein Kästchen zum ankreuzen.
Das dachte Herr Müller aber nur noch für sich.
Die Bahnhofansage knarzte ein „Achtung, Zug fährt ein“ und sieben aufgeregte und sinnlos durcheinander plappernde abenteuerlustige Städter machten sich zum Einsteigen bereit. Das achte Gesicht zog seinen Koffer Richtung Rollstreppe.
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